PIUS PARSCH: BreviererklärungI. Teil Grundlagen Wozu Brevier beten?Ich kann mich nicht erinnern, ob man uns jungen Theologen gesagt hat, warum wir das Brevier beten sollen.Erst die liturgische Erneuerung hat uns volle Klarheit gebracht und hat uns die Hoheit dieses Gebetesgeoffenbart. Sagen wir es nur offen heraus, das Brevier ist das Aschenbrödel unseres Klerus. Die allermeistenPriester beten es, ohne es recht zu verstehen, aus reiner Pflichterfüllung. Und wenn sie wirklich beten wollen,greifen sie zum Rosenkranz oder zu anderen Formeln. Was aber noch trauriger ist, sie wissen nicht, wozu sieBrevier beten sollen. Sie kennen nicht die Idee und das Wesen des Gebetes der Kirche. Vielleicht ist schon derName dieses Gebetes: Brevier, mit ein Grund dieser Unwissenheit. Ich liebe diesen Namen nicht, weil er wenigbesagt; ja, man könnte boshaft sein, weil er gerade das Gegenteil einer Eigenschaft aussagt, die beim Klerus ammeisten Anstoß erregt: Brevier heißt Kurzgebet, und es ist doch ein recht langes Gebet.Wozu beten wir denn das Brevier? Es ist das Gebet der Kirche. Das Wort Kirche hat auch wieder einen neuenKlang und Inhalt bekommen. Es ist nicht die juristische Kirche, welche die Rubriken des Brevierszusammengestellt, nicht die kasuistische Kirche, die jede Hore unter schwere Sünde setzt, auch nicht diegeschichtlich gewordene Kirche, welche Mängel und Fehler in das Brevier einschleichen ließ. Die Kirche, wiewir sie sehen, ist der mystische Leib Christi, ist die heilige Braut des Gottmenschen, ist der Weinstock, dessenWurzel und Stamm Christus ist. Die Kirche in diesem ganz hohen Sinn meine ich, wenn ich vom Gebet derKirche spreche. Dieser mystische Leib hat Funktionen verschiedener Art, hauptsächlich 4: zu opfern, zu leiden,zu beten und zu predigen. Wie Christus in seinen Erdentagen hauptsächlich diese 4 Aufgaben erfüllt hat, sosetzt die Kirche diese fort in ihren Gliedern und füllt so voll, was dem Leibe Christi noch fehlt (Kol 1,24). Soist also das Gebet eine von den...
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